11.
Januar 2012, Mittwoch

Protest!
Manchmal ist es echt zum heulen, wie verdammt langsam die Zeit doch vergeht. Es kommt einem mittlerweile vor, als ob man schon seit 29 Tagen über diese Wulff-Affäre spricht.
Und diese ganze Debatte um eine Finanztransaktionssteuer? Ich hab irgendwie fast den Eindruck, als würden wir da schon seit 3 Jahren drüber diskutieren.

Meinen Protest hab ich ja all die Zeit über damit gezeigt, auf facebook herumzulungern. Das war nicht ganz so effektiv wie erwartet, muss ich leider selbstkritisch wie ich bin diagnostizieren.
Ich denke, es wird Zeit für richtige Protestmethoden. Solche wie bei foxconn. Dort droht man mit Selbstmord, wenn Apple und Co. nicht bald höhere Löhne zahlen.
Jeder, der mal Lemmings gespielt hat, weiß, wie erfolgreich so eine Strategie ist. Manchmal müssen sich eben ein paar in die Luft sprengen, damit die anderen ihr Ziel erreichen können.

Ich schlage also vor, wir drohen jetzt alle mal damit, uns in die Luft zu sprengen, wenn das Gezeter um Herrn Wulff nicht endlich aufhört. Dass jemand chronisch die Unwahrheit sagt, muss ja noch lange nicht bedeuten, dass er ein schlechter Bundespräsident wäre. Das qualifiziert doch genau genommen sogar ausgezeichnet zum Halten von aufmunternden Ansprachen, in denen die Krise gleich gar nicht mehr so schlimm wirkt.
Und solange ein Märchenerzähler im Schloss sitzt, können wir unsere Kinder bedenkenlos sogar bei der Weihnachtsansprache noch vor dem Fernseher sitzen lassen (man könnte eigentlich sogar dran denken, dem Herrn Wulff mal eine eigene Kindersendung zu geben).
Also Schluss mit der Medienhetze, sonst müssen wir hier wirklich alle noch in die Luft gehen!

Und wo wir schon dabei sind: Schluss mit dieser Finanztransaktionssteuer. Achso, die gibt's ja auch noch gar nicht. Besser isses.
Jeder weiß ja, dass das den Börsenhandel enorm verteuern würde. Die Verlierer wären wieder mal die Kleinsparer, denn jeder einfache 1.000-€-Trade würde um waghalsige 10 Cent teurer, wenn auch nur der niedrigste Steuersatz, der in der Diskussion ist, eingeführt werden würde.

Wenn mich jemand gefragt hätte "Have you ever been so angry that you started swinging a cactus?", hätte ich das immer verneinen müssen. Mal sehen, wie lange das noch so bleibt, verdammte Axt!

Ihr Flo Zirkus

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30.
Dezember 2011, Freitag

Jahresrückblick 2011
In diesem verrückten Jahr haben wir ja gelernt: Es ist praktisch nichts mehr selbstverständlich. Auf mich hatte es da eine ausgesprochen beruhigende Wirkung, zu sehen, dass zumindest eins sich nicht geändert hat: Am Ende des Jahres gibt es wieder überall Jahresrückblicke. Den Jahresrückblick, den Jahresrückblick, den Jahresrückblick, oder einfach den Jahresrückblick in Bildern.
Verwunderlich ist eigentlich nur, dass auch dieses Jahr noch niemand auf die Idee gekommen scheint, einen Jahresrückblick vom letzten Jahresrückblick zu machen. Ärgerlich, dass dieser Einfall erst kommt, wo das Konzept für den krass.blogger.de-Jahresrückblick schon steht.

Was war nicht wieder alles los, das Jahr müsste ja eigentlich längst rum sein, so viel ist schon passiert. Und dabei sind es noch mehrere Stunden bis zum Anbruch von 2012. Gerade, weil das ja bekanntlich unser letztes Jahr sein wird, ehe die Welt untergeht, sollten wir auch hier noch mal in aller Ruhe einen entspannten Jahresrückblick wagen. Je nach dem, wann die Apokalypse dann stattfindet, könnte es mit einem weiteren Jahresrückblick wirklich eng werden.
Verzeiht die lange Vorrede, los geht’s:

Was wäre ein Jahr ohne Lebensmittelskandal? Das wäre Wetten, dass...? ohne Thomas Gottschalk. Deshalb gab es dieses Jahr EHEC. EHEC? Naja, Sie wissen schon, die mit dem roten Stuhl. Mehr gibt es darüber auch nicht zu sagen.

Auch ein Jahr ohne Umweltkatastrophe ist möglich, aber sinnlos. Zumal die diesjährig größte Umweltkatastrophe sehr positive Auswirkungen zeigte. Nach Erdbeben und Tsunami gibt es einen riesigen Reaktorunfall in Japan, was noch nicht ganz so positiv ist, wie es zunächst scheint. Aber letztlich wird Deutschland hierdurch zum Atomausstieg bewegt. Ein Glück, gerade noch rechtzeitig, das mit der Endlagersuche wäre sicherlich noch ein großes Problem geworden. Nur wird es wahrscheinlich noch lange Zeit brauchen, bis man sich dran gewöhnt, dass in Deutschland die Lichter ausgehen, wenn man sie ausschaltet.

Dank der Despotendämmerung kann auch die Wirtschaft wieder Hoffnung schöpfen. Nach Jahren des Stillstands kommt wieder Bewegung in die Diktatorklasse, von denen einige schon lange keine deutschen Waffen mehr erworben hatten. Manch einen zieht es vor Gericht, mancher lässt sich lieber lynchen, mancher stirbt als geliebter Führer (war es Liebeskummer?). Die Entwicklungen in Nord-Korea sind noch abzuwarten, aber der Zustand Ägyptens stimmt positiv: Nach der Diktatur ist vor der Diktatur und einer Neuauflage des Tyrannen-Quartetts steht in nicht allzu ferner Zukunft sicher nichts im Wege.

Endlich wird in Europa wieder Deutsch gesprochen – eine teure Angelegenheit, der Sprachkurs in der VHS wäre sicherlich billiger gewesen als die 211 Mrd. €, für die Deutschland bürgen musste, damit es dazu kommt. Die Stimmung in Deutschland ist trotzdem und gerade deshalb verdammt gut, immerhin kann man auch weiterhin ganz in Ruhe Familie im Brennpunkt gucken, Merkozy kümmert sich ja um den Rest.

Auch bewegende Einzelschicksale gab es dieses Jahr wieder. Guttenberg hatte eigentlich eine grandios Saison gespielt, aber man konnte seine Fresse nicht mehr sehen. Kein anderes Schicksal war derart traurig, dass es hier noch Platz finden sollte. Ein Glück hat er beschlossen, erst vorerst gescheitert zu sein.

Und auch ohne Todesfälle ging das Jahr nicht zu Ende. Unter allen Toten gab es aber bloß einen, der es wert war, hier noch mal betrauert zu werden. Nein, die Rede ist nicht von Kim Jong Il und auch nicht von Osama Bin Laden. Ein wahrer Weltverbesserer ging von uns. Was jammerschade war, denn wenn Steve Jobs noch etwas länger gelebt hätte, wäre es ihm vermutlich gelungen, die Armut und den Hunger in der Dritten Welt und die globale Erwärmung zu stoppen und nebenbei ein Heilmittel für Aids zu finden. Woran man sehen kann, dass man Weltverbesserer und kein Schurke ist? Niemand sagte: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, Steve Jobs zu töten.“ Was möglicherweise auch daran lag, dass niemand ihn getötet hatte.

Außerdem gab es noch Nazi-Terror, Griechenland, Berlusconi, Randale in England und noch viel mehr. Nicht, dass ich noch was dazu zu sagen hätte, ich fand nur, es wäre nett, noch mal davon zu hören.

Dieser selektive und unfassbar unseriöse Jahresrückblick wurde Ihnen präsentiert von Tim Buktu.

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20.
Dezember 2011, Dienstag

Wer bin ich und wenn ja wie viel bin ich wert?
Sicherlich hat auch der Herr Wulff in der Vergangenheit nicht immer alles richtig gemacht. Aber gerade in Zeiten der Krise und der Kreditaffäre ist er ein leuchtendes Beispiel, wie es leuchtender kaum sein könnte.

Jede Prostituierte wird es kennen. Es kann schon mal zu Unstimmigkeiten kommen. Wie viel bin ich wert?
Manchmal ist es wirklich nicht so einfach, genau zu wissen, für wie viel Geld man sich verkaufen sollte.

Da ist es doch ein feiner Zug vom werten Herrn Bundespräsidenten, wenn er jetzt detailliert Auskunft darüber gibt, was er so für Urlaube hat machen dürfen. Klar, ganz astrein ist das nicht. Er hätte ja auch gleich dazuschreiben können, was das jeweils für geldwerte Vorteile darstellte. Aber mit ein bisschen Eigeninitiave kann ein jeder, der sich selbst genau so feilbieten möchte, ja durch dieses Internetz ohne Weiteres herausfinden, was so Urlaube kosten.

Dann muss nur noch kurz in den Spiegel gucken und sich mit dem Herrn Wulff vergleichen und wenn man das ehrlich genug tut, hat man schon mal einen ersten groben Richtwert, was man als Bezahlung nehmen kann. Das ist doch schon mal was, möchte ich meinen.

Aber so richtig alles abgucken muss man sich dann auch nicht vom aktuellen deutschen Staatsoberhaupt. Sein Geld kassiert man aus Praktikabilitätsgründen (ein schönes Wort) am besten gleich bei seinem Freier und nicht bei dessen Frau, vor allem, wenn die eine nahezu vermögenslose Schmuckverkäuferin ist. Sollen die anderen doch sagen, was sie wollen. Geld ist eben besser als Armut - wenn auch nur aus finanziellen Gründen. So würde ich das in meiner Eigenschaft als junger Familienvater sagen beschreibt es treffend Woody Allen.

H. B. Nichts

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19.
Dezember 2011, Montag

Über gute Öffentlichkeitsarbeit und den Friedensnobelpreis.
In Zeiten der Krise muss man sich ja fürchten. Die Despotendämmerung allenthalben könnte zur Folge haben, dass eines Tages keiner mehr so genau weiß, wie man richtige Propaganda macht.

Zum Beispiel der Kim Jong Il war da ja ein leuchtendes Beispiel. Sein renommiertes Weltraumprogramm? Weltbekannt. Wir berichteten.

Glücklicherweise konnte aber unlängst beobachtet werden, dass es aktuell sogar in Deutschland noch eine Bastion guter Öffentlichkeitsarbeit gibt.
Die Facebook-Seite von Eintracht Frankfurt. In unnachahmlicher Manier erkannte man schnell, dass man die 2:0-Niederlage nicht leugnen konnte. Aber damit das Volk die Anhängerschaft nicht gleich den Palast des Sonnenkönigs Heribert Bruchhagen stürmt, wird wenigstens vermeldet, man habe "trotz Überlegenheit" verloren.

Worin die Überlegenheit genau bestanden haben soll, bleibt unklar. So, wie das bei guter Propaganda funktioniert, wird das nämlich jedem selbst überlassen, das zu erkennen.
Ich sag mal, die Überlegenheit bestand vor allem darin, die eigene Torgefahr besser zu kaschieren. Das war also alles weniger erschreckend harmlos als beruhigend friedlich, was da die Offensivspieler der Eintracht boten. Ich schlage sie für diese Leistung zum Friedensnobelpreis vor.

Ihr Frank Furz

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14.
Dezember 2011, Mittwoch

Anatomie eines Rücktritts.
Der arme Chrisitan Lindner. Wahrscheinlich hat es ihm niemand so genau erklärt, wie das funktioniert.

Üblicherweise muss doch erst etwas vorfallen, bevor man zurücktritt. Und gewöhnlich hat man als Politiker auch, wenn man schon ein paar Leichen im Keller liegen hat, die so langsam verwesen, noch zu erzählen, dass die wenigen Morde keineswegs die eigene Amtseignung in Frage stellen. Und es gehört eigentlich fast schon zu den Amtspflichten, in Zeiten der Bedrängung erstmal seine Eigenschaft als junger Familienvater herauszustellen und alle Vorwürfe weit von sich zu weisen.
Erst, wenn der Sturm der Entrüstung dann noch immer nicht verebbt ist, rückt man damit raus, dass man das Ende seiner Kräfte erreicht hat. Und erst dann tritt man doch zurück.

Es ist ja verständlich, dass der Herr Lindner gerne den Guttenberg machen möchte. Ein bisschen Lichtgestalt steckt wohl in jedem von uns. Aber zum Retter der Menschheit fehlt ihm dann doch noch eine Menge Haargel und genau so viel Großspurigkeit. Hat man von Lindner denn schon mal hören können, dass derzeit wahrlich keine Inflation an charismatischen Politikern zu herrschen scheint?

Naja, vielleicht kommt ein solcher Spruch dann in seinem Buch. Denn das Schreiben-Lassen eines Buchs gehört ja zum guten Ton, wenn man dann wieder zurückkommt auf die politische Bühne.
Und wenn es schnell genug geht, mit dem Comeback-Interviewbuch Selbstbeweihräucherungsexzess, wird man als Titel auch noch "Erstmal gescheitert" verwenden können, bevor ein anderer Ex-Politiker auf dem Weg zurück diesen Titel wegschnappt.

So wartet man auf das Comeback des ehemaligen Generalsekretärs der extremen Splitterpartei FDP. Wie lange wird Herr Lindner aus der Politik verschwunden sein? Wer nicht einmal das Aufkommen eines Skandals abwarten kann, ehe er zurücktritt, wird vermutlich so schnell wieder da sein, dass gar keine Zeit bleiben wird, ihn zu vermissen. Man darf gespannt sein.

Bis dahin verbleiben wir mit dem leuchtendsten Beispiel, das den Weg weist, wie ein Rücktritt richtig geht.



Verbindlichste Grüße,
Bill Dung

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Aus Tradition krass seit 5811 Tagen
Richtig krass wurd's zuletzt: Sonntag, 27.12.2015, 15:34