25.
Dezember 2014, Donnerstag

Jahresrückblick 2014
Also, gut. Das war dann wohl mehr oder weniger 2014. In den einen oder anderen Abgrund haben wir geblickt. Nur nicht zu lang, sonst geht einem das ja auch auf die Nerven. Die guten Meldungen waren wie immer rar, und sonst war alles meist eher so geht so. Wie immer.

Immerhin: Nach dem Jahresrückblick ist nicht nur vor dem Jahresrückblick. So ein Jahresrückblick hat es auch an sich, dass man ein letztes Mal zurückschaut und dann alles auf Null setzt. Die Schreckensmeldungen des vergangenen Jahres sind dann ganz weit weg. Ebola ist dann zwar nicht vorbei. Aber es geht uns nichts mehr an, denn es war ja schon im Jahresrückblick. Und außerdem ist es ja auch nur noch eine Frage der Zeit, bis es Afrika wieder gut geht. Wir haben ja sogar schon einen Song aufgenommen.

Guten Gewissens wieder vergessen können wir also (wenn das nicht ohnehin bereits geschehen ist):

Steuern. Irgendwie sind wir doch alle ein bisschen Uli H. Kann schon mal passieren, dass man ein wenig den Überblick verliert zwischen tausend Transaktionen und schwupps, ist es schon wieder passiert. Man hat ein paar Millionen Steuern hinterzogen, wer kennt das nicht. Dumm gelaufen. Noch dümmer, wenn man dafür ins Gefängnis muss. Aber gut, wenn man dort Promibonus bekommt. Und Besuch von Ede Stoiber. Wenn der vom Transrapid erzählt, ist das bekanntlich sehr kurzweilig.
Noch viel besser, wenn der Skandal um Uli H. alles überschattet und darüber in Vergessenheit gerät, dass er längst nicht der einzige mit einer schwachen Zahlungsmoral ist. Alice Schwarzer lacht sich ins Fäustchen mit ihrem Schwarzgeld-Konto Schwarzer-Konto in der Schweiz.
Auch die Konzerne dieser Welt hatten nicht so richtig Bock auf Steuern und parkten ihr Geld daher lieber in Luxemburg. Die Bevölkerung ist empört (aber nur kurz). Dumm gelaufen, dass diese Praktiken jetzt verhindert werden sollen. Gut, dass hierfür derjenige verantwortlich ist, der sie maßgeblich initiiert hat – Herr Juncker.
Man möchte den Gefühlsbutton drücken, den es noch gar nicht gibt. Hass.

Ebola. Da gibt’s doch auch was von Ratiopharm? Leider nicht. Und wenn es ein Medikament gäbe, könnte sich dieser arme Afrikaner das doch eh nicht leisten. Lange Zeit tat man vermutlich auch deshalb so, als ginge uns das Ganze eh nichts an. Zwischendrin wollte man dann doch was tun und schickte mal ein bisschen Gerät runter. Zwar ohne das entsprechende Personal, aber ein Beipackzettel war bestimmt dabei. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker. Handschriftlich ergänzt: Wenn keiner zur Hand ist, fragen Sie Ihren Medizinmann.

Irgendwas ging auch in der Ukraine ab. Was genau, bleibt meist unklar. Oft läuft es so: Der Westen beschwert sich, Russland streitet ab. Klar ist: Irgendwie gehört die Krim jetzt nicht mehr so ganz zur Ukraine. Könnte auch von selbst passiert sein, ist aber vielleicht nicht ganz so wahrscheinlich.

Das Boot ist voll? Stimmt, deshalb geht es so oft unter, wenn es über's Mittelmeer tuckert. Allzu oft hatten diese Italiener auch noch Mitleid mit den Ertrinkenden und retteten viele von ihnen aus dem Mare nostrum. Damit muss jetzt Schluss sein. Die sollen ihre Schulden zurückzahlen und keine Flüchtlinge retten. Deshalb gilt künftig auch Augen zu und durch Triton, sollen sich die doch einfach selber retten. Alte Regel: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.
Unterdessen in Deutschland: Wirr ist das Volk. Unter PEGIDA demonstriert es gegen so ziemlich alles, was nicht bei 3 auf den Bäumen oder abgeschoben ist. Wie man sich vollends als Idiot entlarvt, zeigen die Dresdner in ihrem Tal der Ahnungslosen anschaulich: Man demonstriert einfach auch gegen Dinge, die es gar nicht gibt – zum Beispiel die Islamisierung des Abendlandes.

Wie man sich international als Idiot entlarvt, weiß der IS ganz gut. Einfach alle umbringen. Das verwirrt sie. Lange herrschte dann auch Ahnungslosigkeit, wie man in der westlichen Welt damit umgehen sollte. Aber es liegt auf der Hand, was der Krisenregion am besten hilft: Neue Waffenlieferungen. An die Kurden, aber nur an diejenigen, die uns als Freiheitskämpfer gelten. Auch so'ne alte Regel: Heute Freiheitskämpfer, morgen Terrorist und andersrum.
Nebenbei dürfen die Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und Co. aber nicht verebben. Am Ende gehen dem IS sonst die Waffen aus und der Rüstungsindustrie Profite flöten.

Guns don't kill people, police men do. Ob die USA ein strukturelles Problem mit Rassismus hat? Nein, reiner Zufall, dass die dortige Polizei gerne unter fragwürdigsten Umständen Schwarze umbringt (in diesem Jahr gleich mehrere) und die Täter sich unabhängig vom Urteil nicht einmal in einem Prozess verantworten müssen.
Ihre etwas eigenwillige Auffassung von dem, was sie Recht nennen, offenbaren die USA auch im Folterreport. Wäre ja eigentlich ganz geil, dafür mal jemand zur Verantwortung zu ziehen. Aber die geilsten Sachen sind eben oft auch die unrealistischsten.

Nicht so ideal lief es in diesem Jahr für Malaysia Air. Erst verschwindet eines ihrer Flugzeuge spurlos. MH Irgendwas dominiert noch für ein paar Tage als Phantom die Nachrichten, dann wendet man sich wieder etwas anderem zu. Alte Regel 3: Wenn nicht mal Mutti weiß, wo 'ne Sache abgeblieben ist, ist sie weg.
Später ballert dann noch irgendein Irrer ein anderes Flugzeug der Airline einfach mal vom Himmel. Insgesamt ein Jahr zum Vergessen. MH Irgendwas, MH war was?

Mit Apple geht es auch nur noch bergab. Nicht nur verbiegt sich das neue Alfons iPhone, wenn man es in der Hosentasche hat. Auch die iClouds waren nicht gerade der beste Ort, um die eigenen Nacktbilder dort aufzubewahren.
Da keine Fotos vom Herrn Oettinger geleakt sind, hat der jetzt nicht so richtig viel Verständnis für den Skandal. Er ist sich halt auch bewusst, dass das Fotoalbum im Regal immer noch der sicherste digitale Speicherplatz ist. Nur das Teilen und Liken gestaltet sich damit eher schwierig (immer diese Technik). Aber „everything hangs together“. Der Digitalkommissar weiß eben genau, wovon er spricht.

Auch die NSA ist in guten Händen, gegen sie ermittelt der sagenhaft kompetenzbefreite Herr Range. Vielleicht. Vielleicht ermittelt der gute Mann auch einfach gegen einen Laden namens SNA. Jedenfalls tut er es nur wegen des Abhörens eines einzigen Handys. Hoffentlich meins, wird man denken. Nun ja. Ähh, nein.
Genau so, wie es jetzt auch nicht so direkt, äh sinnvoll ist, den Herrn Snowden im NSA-Untersuchungsausschuss zu befragen. Dort soll untersucht werden. Nicht gefunden.
Gut, dass das Volk ohnehin schon jegliches Interesse an der Spionageaffäre verloren hat. Der BND kann inzwischen schon wieder ganz entspannt feststellen, dass er im Bereich der Internet-Überwachung Nachholbedarf habe. Aber hey, noch 'ne alte Regel: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.

Wenn es nach dem Bundespräsidenten/Feldpfarrer Herrn Gauck geht, sollte Deutschland auch auf dem Schlachtfeld endlich mal wieder Siege einfahren, jetzt wo in Europa ohnehin Deutsch gesprochen wird (wir berichteten). Flinten-Uschi ist begeistert. Es ist nur noch etwas unklar, wie das quasi ohne funktionierendes Kriegsgerät klappen soll. Aber vielleicht entwickeln unsere Rüstungshersteller noch ein paar Gewehre, die ihren Namen auch verdienen und nicht bei Dauerfeuer unbrauchbar werden wie das G36.
Bis dahin bekam Jogi Löw kurzerhand von ganz oben den Auftrag, wenigstens sportlich schon einmal alles zu überrollen, was sich uns in den Weg stellt. „Auftrag ausgeführt“, funkte er wenig später in den Führerbunker ins Kanzleramt. Filmisch wurde das Unternehmen begleitet. Für später. „Die Mannschaft“ (inoffizieller Titel: „Triumph des Willens 2“).

Der BVB hat bislang nicht gerade eine grandios Saison geplayed. Vielleicht wollten sie mal wieder einen Titel holen und da die Meisterschaft in diesem Jahr ohnehin aller Voraussicht nach der Eintracht gebühren wird, soll es wenigstens der „sinnloseste Abstieg aller Zeiten“ sein.

„Ey Leude, lass mal ne Rankingshow machen.“ Voll gute Idee. Aber das Volk ist inzwischen dichter und auch nicht mehr unbedingt so klug wie ein Denker. Drum muss man an den Resultaten der Abstimmung ein bisschen drehen, bis auch alles stimmt. So oder so ähnlich muss das mit der Leitkultur gemeint sein. Was uns Leitkultur sein kann, wenn es künftig gar kein “Wetten, dass?“ mehr gibt? Wahrscheinlich droht der Untergang des Abendlandes. Auch wegen Conchita Wurst und so.

Und sonst so? Malala gewinnt den Friedensnobelpreis. Was hattest Du so mit 17 vorzuweisen? Herr Tebartz van Elster hat einfach die Nominierung zur Ice Bucket Challenge ignoriert oder so. Hinfort mit ihm. In Hong Kong gab es Demonstrationen, aber Hong Kong ist weit weg und deshalb ist das ähnlich schnell vergessen wie die Zustände in Brasilien und Korruption bei der FIFA. Aber „Weltmeister samma, den Pott hamma“, meint Herr Müller der Deutsche Michel.

Joa, ich sag's ja. Eher so geht so. Egal. Das war 2014. 2015 wird alles viel besser. Bestimmt.

Gehabt euch wohl, Leude!

... krass, da muss ich was zu sagen

 
Eine prächtige Zusammenfassung ist das, liebe Susi!

Fast ein wenig fehlen mir die Verblichenen. Aber das macht nix. Ein Kommen und Gehen auf diesem Planeten, solange er sich noch dreht.

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Vielen Dank für Ihren Kommentar. :)

Die Verblichenen blieben in diesem Jahr von mir verschont. Ich denke, es hing damit zusammen, dass ich nicht richtig wusste, wie sie einzubeziehen gewesen wären.

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krass, ich muss mich erst noch anmelden... klick!
Aus Tradition krass seit 5794 Tagen
Richtig krass wurd's zuletzt: Sonntag, 27.12.2015, 15:34