27.
Mai 2009, Mittwoch

Interview mit Iwan D.
Kinder in Ralph-Lauren-Polos rennen umher, eines sitzt mit Laptop auf dem Schoß auf dem Bordstein. Das Jacket liegt neben ihm.
Auf den Straßen parken teure Geländewagen, Hitze flimmert über den Asphalt, es riecht nach Benzin. Das sogenannte Bonzenghetto unweit der Mainmetropole Franfkurt bietet seit Jahren den von der Gesellschaft Gepeinigten Zuflucht.

Die Autoren von krass.blogger.de haben sich ins Ghetto gewagt, um einen seiner schillerndsten Bewohner zu besuchen. Es handelt sich hierbei um den Rapper Iwan D.
Leicht ist es nicht, ihn ausfindig zu machen. Sein Management vermittelt Journalisten gerne zu einem Bretterverschlag in einer Seitengasse, in dem Iwan angeblich hause. Tatsächlich treffen wir einen uns mit Goldzähnen entgegengrinsenden fröhlichen Menschen, der in einer Villa logiert.
Man hatte uns geraten, alle Wertgegenstände zu Hause zu lassen. Mit dabei haben wir daher 2 ehemalige Marines, die wir kurzerhand als Wachmänner engagiert hatten. Unsere Montblanc-Füller konnten nämlich leider nicht daheim bleiben, weil wir sonst keine Notizen hätten machen können.
Iwan begrüßt uns, wie wir später erfahren, in lupenreinem Russisch. Auf einer weitläufigen Terrasse nehmen wir Platz, 2 Dienstmädchen kredenzen uns teures stilles Wasser aus Flaschen, die mit Swarowski-Steinen verziert sind, und frische Erdbeertorte.

Krass.blogger.de: Guten Tag, Iwan D. Zunächst würden wir gern ein wenig über ihre Biografie erfahren.
Iwan D.: Is meine Name Iwan D. Bin ich gefindet von Leute in eine Erdloch. Haben sie mich mitgenehmt in Bonsenghetto. Haben sie mich genennt Paul Christoph Benedikt H. Habe ich meine Name geändert, glaube ich meine Eltern sind von Russland. Von Taiga kommen sie. War Iwan gute Name für mich aber haben andere immer gelacht über mich, weil ich war cooler als sie. Musste ich noch cooleren Namen haben deshalb ich habe genannt noch D. Steht D für Damajah aber weiß nicht wie man schreibt, schreibe ich deshalb nur „D Punkt“. Sind meine Hobbys Bausparen, Reiten, Angeln, Musik und Leute abziehen. Bin ich berühmte Rapper. Mache ich grad CD, wird heißen „Diss mich nicht, sonst muss ich heulen.“

Krass.blogger.de: Herr D., woher kommt dieser russische Akzent?
Iwan D.: Selbiger wurde rein aus praktischen Beweggründen entwickelt. Eigentlich bin ich deutsch. Man könnte auch sagen: Bin ich deutsche Kartoffel. Der Akzent hilft ungemein beim harten Überlebenskampf im Bonzenghetto.

Krass.blogger.de: Das Leben im Ghetto. Wie muss man sich das vorstellen?
Iwan D.: Auf meinem Album wird das alles erzählt werden. Hier muss man aufpassen. Die Jungs, die hier unterwegs sind, kennen keinen Spaß. Entweder, man benimmt sich, oder die sagen Blödian zu dir. Ich wurde auch schon mit Sand beworfen. Als ich denjenigen dann gefragt habe, was das solle, ging dieser zu meinen Eltern und sagte, ich hätte ihn Peniskopf genannt. Daraufhin haben meine Eltern mir 2 Wochen kein Taschengeld gegeben.

Krass.bloger.de: Was war das Schlimmste, was Sie im Ghetto erlebt haben?
Iwan D.: Einmal wollte ich einem kleinen ungefähr 5-jährigen Jungen das Geld für einen Lutscher klauen. Der hatte ein Taschenmesser dabei und ist auf mich losgegangen. Das war echt schlimm. Ich hatte Todesangst. Aber eine alte Frau hat das gesehen, den Jungen „Spacko“ genannt, ihm eine Ohrfeige gegeben, ist dann mit ihren Chaya-Freundinnen wieder in den Mini Cooper S eingestiegen, haben laut James Blunt gehört und sind um den Block gefahren.

Krass.blogger.de: Das klingt nach knallhartem Überlebenskampf. Hört man soetwas auch in Ihrer Musik?
Iwan D.: Meine Musik ist Musik von der Straße. Nicht umsonst heißt mein DJ Teer Steinbrück. Der kratzt die Platten nicht auf dem Plattenteller, sondern direkt auf dem Asphalt. Deswegen ist meine Musik echt, sie vermittelt das Ghetto-Leben, die Leuten spüren das Ghetto, fühlen, riechen und schmecken das Ghetto.
So wie ich das Ghetto rieche, fühle und schmecke.

Krass.blogger.de: Besonders diese Erdbeertorte schmeckt nach Ghetto. Könnte man noch ein Stück bekommen? Iwan winkt Dienstmädchen heran.
Iwan D.: Schwachsinn. Natürlich hat eine Erdbeertorte mit Ghetto nichts zu tun. Bei uns im Ghetto gab es immer nur Erdbeerkuchen. Seit ich aber einen nicht unbeträchtlichen Reichtum mit einer Dokumentation (über einen Sack Reis und 2 verwelkte Blätter) und mit dem Verkauf von Schusswaffen verdient habe, kann ich mir diesen Luxus leisten. Es ist der einzige Luxus, den ich mir gönne. Man muss seinen Wurzeln treu bleiben.

Krass.blogger.de: Es gibt ja Menschen, die behaupten, Sie kennen Ihre Wurzeln gar nicht. Was sagen Sie dazu?
Iwan D.: Es gibt da viele Gerüchte. Man sagt, meine Eltern wären keine Russen, sondern in Wahrheit 2 schwule Franzosen, die mich zusammen mit einer dicken Tschechin gezeugt hätten. Da frage ich mich doch, warum ich keine Froschschenkel esse. Und dick bin ich auch nicht.
Beim Klang meiner wahren Heimat, der Taiga, wird mir aber warm um's Herz. Dort sind meine Wurzeln. Alles andere ist Quatsch mit Soße und Puderzucker.

Krass.blogger.de: Von anderer Seite vernimmt man, Sie hätten Ihr Vermögen in der Finanzkrise verloren.
Iwan D.: Falsch. Ich trage mein Vermögen mit mir herum. Er bleckt die Zähne – ein Gebiss aus Gold blinkt uns entgegen. In die normalen Investitionsgeschäfte habe ich noch nie vertraut. Das Geld liegt hier auf der Straße, man muss es nur aufsammeln, wissen Sie. Ich habe studiert. „Kunstgeschichte, Nebenfach Pferdewissenschaften“. Einfach irgendwas halt. Mein Ziel war es, eine reiche Frau abzuschleppen, sodass ich eh nie arbeiten muss oder wenn das schon nicht klappt, wenigstens selber reich zu werden. Seit ich mein Studim abgeschlossen habe, ziehe ich die Grundschüler aus dem Ort ab. Deren Taschengeld machte mich zu dem, was ich heute bin. Die einzigen Aktien, die ich besitze, sind daher die eines großen Analogkäseherstellers. Hier macht sich mein Weitblick bezahlt, denn Analogkäse ist das einzige, worauf die Menschen auch in der Krise nicht verzichten können. Belohnung für meine Klugheit sind Renditen um die 500 % pro Tag.

Krass.blogger.de: Herr D., was machen Sie mit all dem Geld?
Iwan D.: Ich bleibe dem Ghetto treu und erleichtere den Menschen hier das Leben. Eine Intitiative von mir bezahlt den Leuten den Abriss ihrer Villen und Häuser, Wohnungen gibt es hier gar nicht. Seit die Stromkonzerne ständig die Preise erhöhen, muss jemand etwas tun, damit die Menschen die hohen Stromrechnungen nicht mehr bezahlen müssen. Stattdessen können sie in von mir gestifteten Bretterverschlag-Siedlungen wohnen. Ich verlange nicht einmal Miete. Einzige Bedingung ist der Besuch von einem Konzert, sobald ich mit meinem Album auf Tour gehe.

Krass.blogger.de: Die Erwartungen diesbezüglich sind hoch. Womit können wir rechnen?
Iwan D.: Wenn das Album mehr als 10 Mal verkauft wird, habe ich mir geschworen, nie mehr die Haare zu schneiden. Auf der Bühne werde ich außerdem nur mit String-Tanga, Cowboyhut und Adidas-Badelatschen stehen. Vor dem Konzert mache ich mit dem Publikum etwas Seniorensport und dann gibt’s Vollgas.

Krass.blogger.de: Wann darf denn mit dem Erscheinen Ihres Albums gerechnet werden?
Iwan D.: Ich denke, spätestens in 100 Jahren bin ich so weit. Es muss eben alles stimmen.

Das Gespräch führte C.C. Fliege.

... krass, da muss ich was zu sagen


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Richtig krass wurd's zuletzt: Sonntag, 27.12.2015, 15:34